HARNINKONTINENZBERATUNG

Blasen- und Darm-Inkontinenz – oft ein Spiegel der Seele

Harninkontinenz – unwillkürlicher Harnverlust – kommt häufig vor. In Deutschland leiden ca. sechs Millionen Menschen an Inkontinenz. Stärker als Männer sind Frauen im mittleren und höheren Alter betroffen. Auch bei jüngeren Frauen können diese Beschwerden auftreten, z.B. nach Geburten.

Unwillkürlicher Stuhlverlust kann im Gefolge einer Harninkontinenz ebenso auftreten und stellt eine weitere erhebliche Belastung dar.

Die Unfähigkeit zur Blasen- und zur Darmkontrolle ist nichts, dessen man sich schämen muss. Vor allem ist es kein unabwendbares Schicksal, das ertragen werden muss, sondern eine Erkrankung, die in vielen Fällen erfolgreich gelindert oder gar behoben werden kann.

Es gibt verschiedene Arten der Inkontinenz.

Stress-Inkontinenz

Dieses Leiden wird mehr als 20 Prozent aller Frauen gesehen, die in unsere Praxis kommen: Bei Niesen, Husten, Lachen sowie bei plötzlichen Bewegungen geht ungewollt Urin ab. Auslöser ist meistens eine schwache Beckenbodenmuskulatur, die zum Beispiel durch Schwangerschaft und Geburt, durch Operationen oder durch ein Veranlagung zur Bindegewebsschwäche ihre Elastizität und damit die Möglichkeit zum vollkommenen Verschluss des Blasenauslasses in allen Situationen eingebüßt hat. Ein willkürliches Anhalten des Urinstrahls ist oft nicht mehr möglich.

Drang-Inkontinenz (Urge-Inkontinenz)

Bei der Drang-Inkontienz werden die Betroffenen ganz plötzlich von einem Harndrang überrascht und schaffen häufig nicht mehr den Weg zur Toilette.
Die meisten Betroffenen werden durch ein Inkontinenzleiden in ihrer Bewegungsfreiheit und ihrem Selbstwertgefühl erheblich beeinträchtigt. Aus Schamgefühl wird das Problem aber häufig verschwiegen und oftmals folgen Hoffnungslosigkeit und soziale Isolation.

Therapie der Inkontinenz

Niemand muss mit diesem Problem alleine bleiben. Es gibt konservative und operative Therapieverfahren.
Voraussetzung ist immer des Ausschluss einer Harnwegsinfektion und ggf. deren Therapie. Ferner sollte gerade bei schwereren Formen der Erkrankung stets über eine spezielle Untersuchung der Blase sowie des Verschlussapparates von Blase und Darm die zu Grunde liegende Ursache genauer herausgefiltert und differenziert werden. Je besser dies gelingt, desto besser ist die Aussicht auf Besserung bzw. Heilung.

Konservative Verfahren

Das wichtigste nichtoperative Verfahren ist das Beckenbodentraining. Durch eine gezielte Gymnastik werden die Muskeln des Beckenbodens wieder auftrainiert und somit die Verschlusskraft des Blasenauslasses gestärkt. Auch vor geplanten Inkontinenz-Operationen ist dies eine wichtige Vorbereitung. Unterstützend dafür können sich Würfel- oder Ringpessare erweisen, v.a. bei alten Frauen, bei denen eine eingeschränkte Gymnastikmöglichkeit besteht oder keine Operationsmöglichkeit gegeben ist. Sehr positiv wirken sich oftmals lokal vaginale Oestrogenanwendungen aus, die v.a. bei allgemeinem Hormondefizit eine Stärkung des Scheiden- und Blasengewebes bewirken. Eine wichtige Behandlungsalternative v.a. bei Stressinkontinenz ist die lokale Anwendung von testosteron mit Östriolals als auch die sanfte Stimulation der Beckenboden- und der Schließmuskulatur. Mit dieser Methode, bei der mit einer Elektrostimulation die erschlafften Muskelgruppen zur Anspannung angeregt werden und damit auch das Beckenbodentraining gezielt technisch unterstützt wird, werden oftmals schon nach 10 – 15 Sitzungen erstaunliche Verbesserungen gesehen. Die betroffenen Frauen haben eine verbesserte Blasenkontrolle, die Scheidensenkung hebt sich und die häufige Frequenz des Wasserlassens, v.a. nachts, lässt nach. Bei den Urgeinkontinenzformen kann nach medikamentöser Sanierung eines evtl. Harnwegsinfektes oft zusätzlich mit speziellen tonussenkenden oder muskelentspannenden Medikamenten eine Besserung dieser Inkontinenzsymptomatik erreicht werden. Auch hier muss auf das wichtige ergänzende Blasentraining hingewiesen werden, das ein bewusstes Zurückhalten des Urins sowie die Stärkung der Beckenbodenmuskulatur beinhaltet. Ergänzend kommt wegen des Einflusses psychogener Faktoren auch eine psychotherapeutische Begleittherapie in Frage.

Operative Verfahren

Moderne operative Verfahren, sei es über Bauchschnitt, von der der Scheide aus oder minimal invasiv, also TVT bzw. Scheidenanhebungsplastiken, Blasenhalsanhebungen, Scheidenstumpf-Fixationen incl. Darminkontinenz-Operationen richte sich nach den jeweiligen lokalen, ultraschallmäßigen und speziellen Untersuchungsbefunden und müssen mit jeder Patientin individuell unter Einbeziehung des Operateurs besprochen und geplant werden. Dies ist einer Spezial-Sprechstunde in der operativen Einrichtung vorbehalten und sollte – auch wegen des erhöhten Risikos – besonders schweren Beschwerden vorbehalten bleiben